Meska's Blog

Aus der Dunkelheit ins Licht: Gedankenwandel seit 2013

Willkommen in der Anstalt – Ein Rückblick

Für meinen bevorstehenden Auslandsaufenthalt in Alicante Spanien habe ich mir ein neues Tablet organisiert. Mehr als ein Jahr hatte ich nun nichts mehr mit Android zu tun, weshalb mich folgendes überraschte:

Ähnlich wie die “Google Notizen” oder auch “Google Keep” gibt es auf iOS eine Notizapp, da sich die meisten meiner Notizen im Exchange befanden, synchronisierten sich viele meiner Anmerkungen automatisch mit dem iPhone. Doch jetzt wo ich wieder auf Android zurückgekommen bin hat es mich überrascht, dass ich tatsächlich noch ein halbwegs vollständiges Tagebuch von meinem Klinikaufenthalt in den Google Notizen hatte.

Es ist nun bald zwei Jahre her und dementsprechend erstaunlich finde ich es das ganze heute wieder zu lesen.

Donnerstagabend / Tag 4

Inzwischen ist Donnerstag, seit Montag bin ich nun ‘erst’ in der Klinik und konnte bereits jetzt schon einiges feststellen. Es gibt solche und solche hier auf der Station, dabei meine ich jedoch nicht die Patienten, sondern die Pflegekräfte. Eigentlich sollte man erwarten können, dass gerade diese sich etwas mehr bemühen um den Patienten aus ihrer Lebenskrise zu helfen, doch im Gegenteil ich komme mir ehrlich gesagt nicht willkommen vor. Bei der heutigen Visite wurde ich gefragt: “Was würden sie tun, wenn sie das soziale Netz nicht auffangen würde? In Deutschland haben sie ja allerhand Sozialleistungen, stellen sie sich vor sie würden in den USA leben… Was wäre dann?” ehm okay? Haben wir vergessen wieso ich hier bin? “Wieso haben sie sich denn um nichts gekümmert als sie bei ihrer Bekannten waren?” ich dachte die wollen mich verarschen, ich mein wieso bin ich hier? “Wegen der wiederholenden Antriebslosigkeit?!” – “Okay, alles klar.” Ist fast so als würden die tollen Ärzte hier selbst nicht an das glauben was sie behandeln, heul’ ich nicht genug rum oder woran liegt es? “Müssen wir Angst haben, dass sie sich etwas antun?” Und so eine Frage dann nachdem sie mich runtergeputzt haben. “Nein im Moment nicht.” – ganz ehrlich… Wer antwortet auf so eine Frage mit “ja”? Ich fühle mich absolut nicht willkommen, im Gegenteil kommt mir eher so vor als will man mich wieder loswerden. Stellt sich mir gleichzeitig wieder die Frage, ob mir überhaupt geholfen werden kann… Beziehungsweise sind es genau diese Momente die mich wieder zum Nachdenken anregen und für innere Unruhe und schlaflose Nächte sorgen.

Freitagmorgen / Tag 5

Beim Belauschen diverser Gespräche heute morgen konnte ich feststellen, dass wohl alle Patienten von den Ärzten runtergeputzt wurden. Stellt sich die Frage ob es Absicht ist oder sie sich einfach nur einen Spaß draus machen. Ich weiß es nicht und will es im Moment auch gar nicht wissen.

Freitagnachmittag / Tag 5

Sitz gerade auf Toilette, hab vor wenigen Minuten mit Hase telefoniert. Kommt mir nach wie vor etwas distanziert vor, habe ich etwas falsch gemacht oder liegt es wirklich nur an ihrem Stress der letzten Tage? Das Wetter hat von jetzt auf gleich umgeschlagen, es ist wieder kalt geworden und regnet. Zu allem Ärger habe ich noch Kopfschmerzen, wahrscheinlich weil ich hier zu wenig trinke.

Sonntagabend / Tag 7

Es wird zeitig dunkel, ist ja auch klar, weil Winterzeit usw. Das erste Wochenende hier war recht ruhig da kaum jemand hier geblieben ist. Gestern hat mich mein langjähriger, bester Kumpel besucht. Waren unten in Calw Kaffee trinken. Er hat mir gesagt, dass die Freundin bei der ich zuletzt gewohnt habe meinte er soll wohl meiner Ex Bescheid geben das ich hier bin. Ich mag das Wort Ex eigentlich nicht, weil es immer so abwertend klingt. Wie dem auch sei… Er hat den Vorschlag zum Glück gleich im Keim erstickt, zwar mit der Begründung, dass wir nicht mehr zusammen sind und sie es wohl eh nicht interessiert, aber letztendlich denk ich er weiß ganz gut, dass es nichts bringen würde und letztendlich niemanden damit geholfen ist. Will sagen, klar denk ich mir dass sie mich besuchen würde, oder erwarte es zumindest, doch wenn es dann nicht so ist wäre ich wohl unendlich enttäuscht. Auf der anderen Seite würde sie sich sicherlich Vorwürfe machen, Sorgen, sich fragen was sie dazu beigetragen hat, etc. Kurzum es würde… Zumindest jetzt, hier und heute rein gar nichts bringen. Im Gegenteil. Eine der Patientinnen meinte wie ich es wohl schaffe immer so hübsche Mädels an Land zu ziehen nachdem ich ihr das jedoch erzählt habe, sagte sie, dass sie es nun versteht. Bin wohl einer der Guten. Sicher bin ich das, so möchte ich auch sein und natürlich würde ich mir auf der einen Seite nichts mehr wünschen, als dass ich meiner Ex der Freund sein kann, den sie verdient. Doch auf der anderen Seite gibt es da noch jemanden, den ich dann wohl enttäuschen müsste. Gut, man sagt in erster Linie muss man nach sich selbst schauen und das werde ich, auch wenn momentan alles etwas ausweglos wirkt. Nach einer Woche hier merke ich zunehmend, dass es mir besser geht. Zumindest bin ich ruhiger geworden, denke weniger nach und kann seit langem mal wieder abschalten.

Sonntagnacht / Tag 7

Nach und nach merke ich nun wie nervig es ist auf die Antwort von jemanden zu warten der zockt. Inzwischen verstehe ich wie sich meine Exfreundinnen gefühlt haben müssen, wenn ich ewig zum Antworten gebraucht habe. Aber klar für den der spielt fühlt es sich an wie Sekunden, für den der wartet wie Stunden.

Montagmorgen / Tag 8

Sitz gerade wieder auf der Toilette, muss dann zur Visite, war eine beschissene Nacht, konnte kaum schlafen weil der Typ neben mir so derbe geschnarscht hat, dass ich ihn am liebsten mit meinem Kissen erstickt hätte. Naja mal sehen auf was sie heute wieder rumhacken.

Montagabend / Tag 8

Je länger ich hier bin, desto mehr fällt mir auf oder wird mir bewusst, dass doch jeder allein stirbt. In den Gesprächen mit den meisten Patienten hört man immer das selbe raus: “Allein, keine Kinder, kein Haus.” kurzum keine Liebe. Ist der Sinn des Lebens Liebe? Ich glaube schon und wahrscheinlich tut es deswegen im Moment wieder so weh, weil ich mir eingestehen muss, dass ich die Liebe meines Lebens verloren habe… Ich habe früher schon immer gesagt: “Man liebt nur einmal aufrichtig im Leben, alles danach ist nur noch eine billige Kopie dessen was man mal hatte oder haben wollte” sicher kann man es versuchen besser zu machen, sich abzulenken, anpassen, dennoch wird es nie wieder das gleiche sein und davon können all die Ritzer hier sicherlich ein Liedchen singen. Liebeskummer, Trauer, seelischer Schmerz… Es gibt nichts schlimmeres.

Dienstagmorgen / Tag 9

Nach und nach verabschieden sich nun alle die ich lieb gewonnen habe. Schade eigentlich aber auch gut für sie. Zwei, drei Leute sind ja noch da, mal schauen vielleicht ergibt sich ja auch noch was mit der ein oder anderen, ohne jetzt explizit darauf hinaus zu wollen.

Mittwochnachmittag / Tag 10

Inzwischen ist es soweit, dass ich mich ab sofort nur noch mit Menschen abgeben werde, die mir gut tun. Ich habe einfach kein Interesse mehr daran mir das dumme Gelaber anderer anzuhören, denn schlussendlich ist es so, dass es mir früher einmal besser ging als ich mich einen Dreck um andere geschert habe und wieso soll es nun nicht wieder genau so sein? Aus den Augen aus dem Sinn sagt man… Also wieso nicht.

Freitagmorgen / Tag 12

Sitz gerade auf der Terrasse und schau mir den Sonnenaufgang an. Wunderschön. Gestern Abend gings mir nicht so gut, bin wieder ins Grübeln gekommen und letztendlich vor Erschöpfung eingeschlafen, dementsprechend verpeilt bin ich jetzt im Moment.

Samstagmittag / Tag 13

Im Moment ist es wieder schlimm, meine Gedanken drehen sich im Kreis. Sie fehlt mir so unheimlich, dass ich es kaum in Worte fassen kann. Ich merke dabei selbst, dass sie für alles steht, was ich im Leben falsch gemacht habe. Alles, einfach alles. Und diese Ungewissheit im Inneren bringt mich förmlich um. Ich versuche mich selbst irgendwie zu beruhigen, runter zu kommen, zu entspannen… Doch es gelingt mir nicht immer. Oh Junge… Was hast du nur getan?!

Samstagabend / Tag 13

Inzwischen ist es Abend, ich liege in der Badewanne, mein Herz schlägt schneller, der Magen ist unruhig, innere Unruhe macht sich breit. Ich versuche ruhig zu atmen, doch es ist schwer. Ich weiß nicht ob es an der erhöhten Dosis liegt oder daran, dass ich schon fast 14 Tage hier bin, kann kaum zur Ruhe kommen. Ich denke ich werde mir dann was zum Schlafen geben lassen, andernfalls wird das heute wohl nichts.


Zurück zur Gegenwart.

Die ganzen Eindrücke, die ich damals niedergeschrieben habe beschäftigen mich heute immer noch, aber anders… nicht mehr so negativ, eher als eine Art Erfahrung. Konnte zum Großteil draus lernen und sehe heute vieles anders… aber gut es ist auch viel passiert in den zwei Jahren…

Egal, ich lass das einfach so stehen… denn ab und zu muss man Dinge einfach stehen lassen und es bringt auch nichts weiter in der Vergangenheit zu wühlen…

Aber ja, nichts geschieht ohne Grund und genau deshalb werde ich morgen in einer Woche nach Spanien fliegen und das beste daraus machen. Ich erinnere mich übrigens wieder, wieso ich dieses “Tagebuch” damals in meine Notizen geschrieben habe, das lag einfach daran, dass es mir hmm wie soll ich sagen… zu persönlich war? Hm. Ja ein Stück weit schon, denn ich wusste ja schließlich wer meinen Blog liest und dazu kommt, dass die Internetverbindung bzw. der Empfang ganz allgemein einfach beschissen war in der Klinik. Aber gut, man ist da ja auch nicht um mit dem Handy zu spielen oder zu bloggen.

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