Abschied vom Alten Ich
Ich bin wahrlich kein großer Abschiedsredner – besonders nicht in so einer… nennen wir es mal: unübersichtlichen Phase. Vielleicht liegt es daran, dass ich gerade versuche, mein Leben endlich in die Richtung zu lenken, die ich längst hätte einschlagen sollen. Es geht darum, der Mensch zu werden, der ich tief drin immer war – aber nie zeigen konnte. Ein Leben ohne die lähmende Mischung aus Depression, Selbstzweifel und Umfeld, das nicht gut für mich war. Und ohne diesen Geruch von Stillstand, der sich in allem festgesetzt hat – wie kalter Rauch.
Wenn alles gleichzeitig passiert
„Ist doch alles gut“, sagt man. Doch in Wahrheit ist es einfach zu viel. Zu viele Gedanken. Zu viele Umbrüche. Zu viele ungelöste Themen, die alle gleichzeitig hochkommen. Die Trennung nach vier Jahren war hart, keine Frage. Aber in Kombination mit körperlichem Stress, beruflicher Neuordnung und dem üblichen „Reiß dich zusammen“-Mantra wurde es einfach zu eng im Kopf. Und als wäre das nicht genug, tritt plötzlich ein Mensch in dein Leben, der alles infrage stellt – ohne Absicht, ohne Plan. Einfach so.
Man erklärt sich. Man rechtfertigt sich. Man beginnt, Dinge zu formulieren, für die es vorher keine Worte gab. Es ist anstrengend. Aber auch befreiend.
Der Geruch von Erinnerung
Der Titel kommt nicht von ungefähr: Was bleibt, ist der Geruch. Der von Haut. Von Berührung. Von einem Moment, der zu schnell vorbei war. Und trotzdem bleibt. Weil sich Erinnerungen nicht nur im Kopf festsetzen, sondern auch in der Nase. Manchmal reicht ein Hauch – und alles ist wieder da. Die Stimme. Das Lachen. Die Nähe. Oder das, was man für Nähe gehalten hat.
Zerfall und Neuanfang
Ich habe immer wieder versucht, mich aus solchen Momenten rauszuschreiben. Es hat nicht immer funktioniert, aber oft geholfen. Schreiben klärt. Schreiben strukturiert. Schreiben zwingt zur Auseinandersetzung. Und genau deshalb schreibe ich. Auch jetzt. Vielleicht war genau das schon immer meine Form von Therapie. Wie auch in „Schreiben hilft?“ spüre ich: Wenn ich nichts sage, bleibt alles in mir. Wenn ich schreibe, findet es ein Ventil.
Der Schmerz wird nicht weniger, nur weil man ihn benennt. Aber er wird greifbarer. Und das reicht manchmal schon.
Geruch ist Erinnerung in ihrer rohesten Form
Abschied ist kein Moment. Es ist ein Zustand, der sich durchzieht. Erst schleichend. Dann schmerzhaft. Und irgendwann wird er Teil von dir. Man denkt, man sei darüber hinweg – doch ein einzelner Geruch, ein Ort, eine Berührung reicht, und alles kommt wieder. Das ist keine Schwäche. Das ist Erinnerung.
„Es gibt nur eins, was bleibt, wenn alles geht: die Erinnerung.“
Und vielleicht reicht genau das. Nicht was war. Nicht was hätte sein können. Sondern das, was weiterlebt. Selbst wenn es nur ein Duft ist – der an das erinnert, was man beinahe vergessen hätte.
namenlos 28. März 2015
toll!:)