Ich habe, wie ich heute zugeben muss, fälschlicherweise immer angenommen, dass ich Menschen erziehen kann, indem ich mich genauso schlecht verhalte wie sie. Heute weiß ich es besser – nicht nur durch meinen Chef, sondern vor allem durch meine Partnerin.
Es gibt viele Momente, in denen ich mich frage, wie zum Teufel man sich nur so verhalten kann. Statt jedoch mit gutem Beispiel voranzugehen, habe ich versucht, den Leuten einen Spiegel vorzuhalten. Ich dachte, wenn ich mich genauso danebenbenehme wie sie, würden sie vielleicht begreifen, wie unangenehm ihr Verhalten ist. Hat nur 37 Jahre gedauert, bis ich verstanden habe: Funktioniert nicht.
Es gibt ein Sprichwort – auf Englisch klingt es besser, aber sinngemäß lautet es: Wenn du von anderen erwartest, dass sie sich so verhalten wie du selbst, führt das nur zu deiner eigenen Enttäuschung. Und ja, ich habe das erlebt – immer und immer wieder.
Ironischerweise dachte ich lange, gar nichts mehr zu erwarten würde mich vor Enttäuschungen bewahren. Auch das ist falsch. Der Schlüssel liegt nicht darin, abstumpfen zu wollen oder sich emotional zurückzuziehen, sondern darin, sich selbst treu zu bleiben – unabhängig davon, wie andere drauf sind oder was sie von einem halten.
Jeder lebt sein eigenes Leben. Jeder hat seine eigenen Baustellen. Was für den einen leicht ist, ist für den anderen eine riesige Hürde – und umgekehrt.
Mein Chef hat vor ein paar Tagen etwas gesagt, das mir im Kopf geblieben ist: „Mach dir keine schlaflosen Nächte. Du kannst Menschen nicht erziehen. Haken dran – und gut.“
Er hat recht. Und meistens merken die Leute noch nicht einmal, dass ich mich genauso daneben benehme wie sie. Geschweige denn, warum. Der Spiegel-Effekt greift einfach nicht. Die Ironie bleibt unbemerkt.
Schon bei der Bundeswehr war es mir egal, ob da ein General, ein Feldwebel oder ein Gefreiter vor mir stand. Für mich waren das alles Menschen – mit der gleichen Daseinsberechtigung. Niemand ist mehr wert. Aber ein gepflegter Umgangston sollte selbstverständlich sein.
Und dann kommt meine Freundin – direkt, einfach, klar:
„Eric, you can’t correct wrong with wrong.“
Du kannst das Falsche nicht mit Falschem korrigieren. Punkt. Und sie hat damit recht.
Wenn jemand nicht grüßt, dann grüße ich. Wenn jemand unhöflich ist, bin ich freundlich. Auch wenn’s manchmal schwerfällt – vielleicht sogar gerade dann.
Man kann das Falsche nicht mit Falschem korrigieren. Und wenn man’s doch versucht, verliert man nur sich selbst.
Übrigens: Mehr Gedanken über den Umgang mit Menschen findest du auch in meinem Beitrag „Menschen“.