Tag 1: Kopf noch im Transit
Der erste Morgen in Uganda hatte noch nichts von „Urlaub“. Eher dieses Gefühl, dass du nach einem viel zu langen Tag endlich aufwachst und dein Kopf kurz braucht, um zu kapieren, wo du überhaupt bist.
Wir sind frühstücken gegangen in der Unterkunft, in der wir übernachtet hatten. Kein großes Spektakel, aber genau das war gut. Früchte, ein paar Würstchen, Eier. Ich hab Rührei genommen. Dazu einen Kaffee, relativ dünn, was dort scheinbar normal ist – zumindest war das mein erster Eindruck. Und ich meine, dazu gab’s sogar schon direkt einen frisch gepressten Saft, Passion Fruit, wenn mich nicht alles täuscht.
Erstmal funktionieren: Cash, Empfang, Kleinkram
Und dann kam nicht sofort Romantik, Wasser, Viktoriasee, sondern erst mal das, was man braucht, wenn man irgendwo neu ankommt: Geld holen. SIM-Karte. Die Basics, die dafür sorgen, dass der Rest nicht nervt.
Wir sind zur Bank. Ich hab Edna gefragt, wie viel man da so abhebt, und sie meinte ganz trocken: Hol mal eine Million, da kommst du ein paar Tage mit hin. Ich hab das gemacht und im Kopf direkt umgerechnet, grob eins durch viertausend. Mit Gebühren und allem bist du irgendwo bei 240 bis 250 Euro. Die Gebühren kommen nicht von meiner Bank, sondern von der auszahlenden Bank. 25.000 Schilling, also grob fünf Euro. Das ist fast schon witzig, wenn man weiß, was manche Automaten in Deutschland inzwischen nehmen, aber das ist eine andere Baustelle.
Dann SIM-Karte. Keine Touristen-Nummer, sondern eine richtige, die ich weiter nutzen will. Einfach, weil das Sinn ergibt, wenn man nicht nur einmal da war und es dann wieder vergisst, sondern weil man wiederkommt. Und genau so hat sich der ganze Vormittag angefühlt: nicht „ich bin zu Besuch“, sondern „ich richte mich ein“. So ein kleiner Unterschied im Kopf, der aber alles verändert.
Meiner Verlobten war außerdem wichtig, dass ich offene Schuhe trage. Also sind wir noch ein bisschen shoppen gegangen für die Dinge, die ich bewusst nicht aus Deutschland mitgeschleppt hatte, weil ich dachte: Das kaufst du vor Ort, lässt es da und machst es dir bei der nächsten Reise leichter. Deo, Duschzeug, Zahnbürste, Zahnpasta. Kleinkram. Aber Kleinkram, der dir später plötzlich einen halben Koffer erspart.
Die Sandalen waren nicht teuer, irgendwas zwischen 35.000 und 65.000, grob 10 bis 20 Euro, dafür echt robust. Und ich hab sie dann auch die ganze Zeit getragen.
Security ist kein Deko-Job
Irgendwann sind wir in die Victoria Mall gefahren. Und da hatte ich direkt wieder so einen Moment, der dich kurz rausholt, weil du merkst: Das ist nicht „Europa mit Palmen“. Das ist ein anderes System.
Du kommst nicht einfach aufs Gelände, sondern Security checkt das Auto. Manchmal musst du als Passagier sogar aussteigen und nochmal durch eine extra Kontrolle. Nicht dramatisch, aber spürbar. Ein anderer Standard. Ein anderes Grundgefühl.
CJ’s: Comfort-Food, aber mit Absicht
Mittags waren wir dann bei CJ’s, einem Café-Restaurant, wo sie wohl gerne hingeht, auch wenn sie Leute vom Flughafen abholt oder zum Flughafen bringt. Ich hab Beefsteak mit Mashed Potatoes gegessen, weil das für mich so ein Comfort-Food ist und ich einfach wissen wollte, wie das da schmeckt, wie das da gemacht wird.

Dazu gab’s einen Kiwi-Gurke-Eistee, richtig erfrischend. Und zum Nachtisch Eis: Mint, Kokos und eine Kugel Kaffee. Kaffee hätte ich mir beim Eis sparen können, weil’s für mich nicht gepasst hat, aber ich wollte’s probieren. Und dieses „ich will probieren“ zieht sich wie ein roter Faden durch die ersten Tage, weil ich eben nicht nur da bin, um irgendwo zu liegen, sondern um zu verstehen.
Lakeside: Tür auf, Gehirn kurz aus
Als die ganzen Erledigungen durch waren, sind wir Richtung Lakeside gefahren. Eine halbe, dreiviertel Stunde, relativ abgelegen – und genau das war der Punkt. Nicht mitten rein ins Chaos, nicht „Stadt, Lärm, Verkehr“, sondern raus. Ab vom Schuss. Runterkommen.
Wir sind angekommen, haben eingecheckt, und dann sind wir ziemlich direkt aufs Zimmer.
Ich hab die Tür aufgemacht und war erstmal komplett raus.
Überall Rosenblätter. Und auf dem Bett stand „I <3 U“. Mir haben wirklich die Worte gefehlt. Ich war einfach perplex und wusste nicht mal, was ich sagen soll, weil mir sowas noch nie im Leben jemand gemacht hat. Erst die Rosen am Tag davor, jetzt das. Sie hat ein paar Fotos von mir gemacht, und man sieht richtig, wie ich da stehe, als hätte man mir kurz den Stecker gezogen. Nicht negativ, eher dieses überfordert-glücklich, wo du merkst, dass du gerade nichts Cooles spielen kannst, selbst wenn du willst.
Danach sind wir über das Gelände gelaufen. Pool, bisschen rumgucken, runter ans Wasser. Wir haben uns hingesetzt, die Sonne ins Gesicht, und ich hab zum ersten Mal seit dem ganzen Anreisechaos wirklich gemerkt, wie ich runterfahre. Nicht auf Knopfdruck, aber langsam. Schritt für Schritt.

Und die ganze Zeit schwang mit, ohne dass man es groß aussprechen musste: Sie freut sich wirklich, dass ich hier bin. Dass ich das gemacht habe. Dass ich nicht nur gesagt habe „ja irgendwann“, sondern dass ich wirklich in ihrem Land stehe und mir das alles anschaue.
Kaffee: Ich wusste es besser
Später haben wir uns hingesetzt und was getrunken. Rose, unsere Bedienung, hat sich vorgestellt, das Menü hingelegt, „ich kümmer mich um euch“. Und ich hab dann etwas gemacht, von dem ich vorher schon wusste, dass es eigentlich nicht schlau ist: ich wollte Kaffee.
Ich war zu dem Zeitpunkt gerade dabei, mit dem Rauchen aufzuhören. Nicht „ich denke mal drüber nach“, sondern wirklich: erster, zweiter Tag, der Kopf noch voll mit Gewohnheit. Und Uganda ist dabei ein komischer Verstärker, weil Rauchen hier nicht nur „nicht so gern gesehen“ ist, sondern weil es offiziell nahezu überall verboten ist.
Trotzdem: Kaffee ist bei mir ein Trigger, weil da sofort alte Routinen dranhängen. Also dachte ich mir: wenn Kaffee, dann wenigstens anders. Ich hab „African Coffee“ bestellt, weil ich wissen wollte, was das ist. Der Unterschied war wohl, dass Kaffee und Milch zusammen erhitzt werden, nicht dass du später kalte Milch reinkippst. Ich habe mir eingeredet, dass „anders trinken“ vielleicht auch „anders fühlen“ heißt.
War natürlich nicht so.
Die Synapsen verschwinden ja nicht, nur weil du plötzlich am Wasser sitzt. Körperlich brauchst du ein paar Tage, psychologisch länger. Und genau das war irgendwie auch ein Teil dieses Ankommens: Du bist in einer neuen Umgebung, und trotzdem bringst du dich erstmal komplett mit. Mit allen Mustern. Mit allem, was du dir so angewöhnt hast.
Nile, zweites Bier, und dann dieser Satz
Abends haben wir im Lakeside gegessen. Ich hab Spaghetti Bolognese bestellt, einfach um zu sehen, wie die das da zubereiten. Geschmack war intensiver, anders.
Meine zukünftige Ehefrau meinte dann, wir probieren jetzt lokale Biere, so nach dem Motto: jeden Tag eins. Also hab ich mit Nile angefangen. Hat mir so gut geschmeckt, dass ich direkt noch ein zweites bestellt habe. Und dann kam dieser Satz, der so nebenbei fiel und trotzdem hängen bleibt: Das war das Lieblingsbier von meinem Vater. Und sie war irgendwie froh, dass es mir schmeckt.
Tag 2: Zehn Uhr Frühstück und plötzlich ist Zeit da
Am Abend vorher hatte Rose schon gefragt, wie wir unser Frühstück haben möchten, und dass wir das ab zehn bekommen können. Zehn Uhr Frühstück, das ist schon so ein kleiner Kulturwechsel für meinen Kopf. In Deutschland wäre ich da längst halb durch den Tag. Dort war es einfach: ruhig. Zeit. Kein Druck.
Ich wollte unbedingt Katogo probieren, weil ich das vorher in einem Vlog gesehen hatte und es dort irgendwie ein Thema war, aber der Typ es nie gefunden hat. Rose hat gegrinst und meinte nur, das wäre super lecker. Also hab ich Katogo mit Hühnchen genommen. Dazu wieder afrikanischer Kaffee, frische Säfte, Obst.
Und dann dieses Frühstück: Matoke mit Hühnchen und Erdnusssoße, super sättigend. Danach war ich nicht „voll“, sondern wirklich satt – so satt, dass du bis abends einfach Ruhe hast, ohne dass du ständig wieder irgendwas nachschieben musst. Und genau da merkst du wieder diesen Unterschied: Das ist nicht Convenience, nicht „irgendwas rein“, sondern frisch, warm, richtig. Das Essen macht dich satt, nicht nur voll.

Nach dem Frühstück sind wir erst mal ein bisschen über das Gelände, haben die Ruhe noch mitgenommen, bevor wir los sind.
Affen am Weg, dann Kisubi: der Switch Richtung Alltag
Dann sind wir mit dem Auto raus, Umgebung erkunden. Auf dem Weg raus vom Lakeside sind ein paar Affen über den Weg gehuscht. Ich hab versucht, Fotos zu machen, aber die waren natürlich sofort weg und saßen kurze Zeit später irgendwo oben im Baum – so weit weg, dass du sie kaum noch erkennst. Aber selbst das war irgendwie schön, weil es sich nicht wie „Attraktion“ angefühlt hat, sondern wie: ja. Das ist hier einfach so.
Wir sind Richtung Kisubi gefahren und sie hat mir ihr Grundstück gezeigt, das sie vor Jahren gekauft hat, wo sie angefangen hat, ein Haus draufzubauen. Sie wollte meine Meinung hören, wie wir damit weitergehen. Fertig bauen? Abstoßen? Was macht Sinn? Wir sind danach noch ein Stück gemeinsam gelaufen, einfach Straße runter, Umgebung aufnehmen.
Und irgendwann kam dann dieser Punkt, an dem sie gesagt hat: Lauf du mal alleine weiter.

Lauf du mal alleine weiter
Und da ist an diesem zweiten Tag etwas passiert, das bei mir richtig hängen geblieben ist. Nicht als „gefährlich“ oder „unangenehm“, sondern als ein Moment, der mir Uganda plötzlich sehr direkt gemacht hat. Wir waren in Kisubi unterwegs, ich wollte die Umgebung besser einschätzen, und sie hat mich ein Stück alleine laufen lassen – ganz bewusst. Nicht, um mich zu stressen, sondern damit ich dieses Gefühl mal bekomme: allein in einer fremden Welt, mit komplett anderem Setting.
Und da fiel dann zum ersten Mal dieses Wort, das man vorher nur als Begriff kennt, aber plötzlich wirklich hört.
Morgen geht’s weiter mit Bildern – und übermorgen mit dem Teil aus Kisubi, der mir Uganda zum ersten Mal richtig direkt gemacht hat.





