Warum ich abends nicht ins Bett gehe

Es gibt oft diese Momente, in denen ich mich frage, warum ich abends immer noch so lange wach bin. Ich weiß, dass ich eigentlich früher ins Bett gehen sollte – aber ich tue es nicht. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich alles hinterfrage. Vor allem mich selbst.

Irgendwann ist mir klar geworden: Ich bleibe abends länger auf, weil ich die Ruhe liebe. Keine Kunden, keine Nachrichten, keine Anrufe. Stille. Zeit für mich selbst.

Nachtschicht, weil der Tag nicht mir gehört

Tagsüber funktioniert mein Leben in festen Bahnen: aufstehen, Arbeit, „dienen“, nach Hause kommen. Ein Ablauf, der nicht unbedingt schlecht ist, aber eben stark von außen gesteuert. Andere Menschen, andere Erwartungen, andere Probleme – und ich dazwischen.

Abends, wenn es ruhiger wird, kippt das. Plötzlich fordert niemand mehr etwas von mir. Niemand will eine schnelle Antwort, keiner ruft an, keiner stellt Fragen. Diese Lücke zwischen „der Welt da draußen“ und meinem eigenen Kopf ist der Raum, in dem ich endlich durchatmen kann.

Genau in dieser Zeit sitze ich oft bis spät in die Nacht am Rechner, höre Musik, schreibe Texte oder optimiere Websites. Ich mache die Dinge, für die ich tagsüber keine Zeit finde oder keinen Kopf habe. Ich denke nach. Ich suche nach Lösungen für Probleme, die es manchmal bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gab.

Die Ruhe, die ich mir vom Tag zurückhole

Es ist diese Mischung aus innerer und äußerer Ruhe, die ich abends so schätze. Die Welt wird leiser, mein Kopf wird klarer. Ich spüre mich wieder mehr. Keine Push-Nachrichten, keine „Nur eine kurze Frage…“, kein ständiges Reagieren auf Dinge, die von außen kommen.

Vielleicht ist es auch dieses unterbewusste Gefühl, dass ich selbst keine wirkliche Kontrolle mehr über meinen Alltag habe. Der Kalender bestimmt, wer ich wann zu sein habe. Termine, Verantwortung, To-dos – alles durchgetaktet. Und wenn der Tag vorbei ist, bleibt dieses leise Gefühl: Irgendwie bin ich da zu kurz gekommen.

Die Nacht wird dann zur Gegenbewegung. Ein stiller Protest gegen einen Alltag, in dem ich oft nur funktioniere. Abends gehört die Zeit wieder mir. Ich kann entscheiden, womit ich sie fülle – ohne Rechtfertigung.

Zeit für mich – und der Preis dafür

Die Zeit für mich ist wichtig. Sie hält mich bei Verstand, bringt mich runter und hält mich in der Spur. In diesen Stunden kann ich mich sortieren, Gedanken zu Ende denken und auch mal etwas einfach aus Prinzip fertig machen, ohne dass plötzlich jemand dazwischenfunkt.

Gleichzeitig hat das Ganze einen Preis. Je länger ich wach bleibe, desto weniger Schlaf bleibt übrig. Am nächsten Tag merke ich die Müdigkeit, die kurze Zündschnur, das fehlende Polster. Und trotzdem ziehe ich die Grenze immer wieder nach hinten. Noch ein Lied. Noch ein Text. Noch eine kleine Optimierung, die „schnell noch eben“ gemacht wird.

Rational weiß ich, dass das auf Dauer nicht gesund ist. Emotional fühlt es sich aber oft so an, als wäre das die einzige Zeit, in der ich wirklich ich selbst bin – und nicht nur die Rolle, die gerade gebraucht wird.

Die Angst, dass alles zu schnell vorbei ist

Wenn ich ehrlich bin, steckt dahinter wahrscheinlich mehr als nur „Ich mag es, nachts wach zu sein“. Es ist auch die Angst, dass mein Leben zu schnell vorbeigeht. Dass die Tage einfach durchlaufen: Arbeit, Pflicht, Funktionieren – und plötzlich sind Jahre rum.

Vielleicht bleibe ich deshalb zunehmend länger auf. Weil sich jede Stunde, die ich mir abends noch nehme, anfühlt wie ein Stück zurückgewonnene Zeit. Nicht unbedingt produktiv im klassischen Sinn, aber wertvoll, weil sie mir gehört.

Nachts habe ich das Gefühl, das Tempo des Lebens ein wenig runterdrehen zu können. Für einen Moment nicht nur im Strom mitzuschwimmen, sondern am Rand zu stehen, zu schauen, zu denken. Mich daran zu erinnern, dass ich mehr bin als meine To-do-Liste.

Kein Happy End – aber ein ehrliches Zwischenfazit

Ich habe dafür keine perfekte Lösung. Ich weiß, dass mehr Schlaf mir guttun würde. Ich weiß auch, dass ich meinen Alltag anders strukturieren müsste, wenn ich nicht ständig das Gefühl haben will, mir nachts mein eigenes Leben zurückerobern zu müssen.

Aber im Moment ist diese Zeit am späten Abend genau das: mein Sicherheitsventil. Mein leiser Ausstieg aus einem Tag, der sich oft nach „funktionieren“ anfühlt. Vielleicht ist der erste Schritt nicht, sofort früher ins Bett zu gehen, sondern ehrlich hinzuschauen, warum ich überhaupt so lange wach bleibe.

Bis dahin sitze ich wahrscheinlich auch weiterhin noch oft zu spät vor dem Rechner, mit Musik auf den Ohren, einem offenen Textdokument und dem Versuch, in der Stille ein bisschen Kontrolle über mein eigenes Leben zurückzuholen.

Mara-Elias-Energy-Soul-WellnessBernd @Krise? Welche Krise?AnonymGefällt 3 Lesern

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