Es gibt unzählige Sprüche, die in die gleiche Richtung gehen: „Schritt für Schritt“, „Langsam aber sicher“, „In der Ruhe liegt die Kraft“, „Stück für Stück“, oder auch „Auch mit kleinen Schritten kommt man ans Ziel“. Und obwohl sie oft abgedroschen klingen, steckt doch eine Menge Wahrheit in ihnen. Gerade „In der Ruhe liegt die Kraft“ trifft bei mir einen Nerv – auch wenn ich im Alltag oft das Gegenteil lebe.
Langsamkeit als Stärke
Eigentlich bin ich ein ruhiger, manchmal sogar etwas träger Mensch. Ich gehe vieles gelassen an, brauche keine Hektik, drängle selten. Aber es gibt bestimmte Lebensbereiche, in denen ich erstaunlich ungeduldig werde. Da will ich alles auf einmal, sofort, ohne Umwege. Das endet oft in Frust oder Selbstzweifeln – weil es eben nicht so schnell geht, wie ich es mir vorstelle.
Schon vor längerer Zeit hat mir meine Schwester geraten, einfach mal Listen zu schreiben. Jeden Tag. Aufgaben notieren, abhaken, am Abend stolz sein auf das, was man geschafft hat. Im ersten Moment klang das für mich nach unnötiger Spielerei. Irgendwie kindisch. Ich dachte: „Was soll mir das bringen?“ Heute sehe ich das anders.
Gedanken bändigen
Auch meine Psychologin hatte damals dieselbe Idee. „Schreib dir alles auf“, meinte sie. Vor allem dann, wenn ich das Gefühl habe, mich nicht ausdrücken zu können. Wenn Gefühle zu groß sind oder Gedanken zu viele. Ob es ums Aufräumen geht, Einkaufen, Anrufe, Termine – egal. Hauptsache raus aus dem Kopf, rauf aufs Papier.
Und dann gestern – wieder jemand, der es auf den Punkt bringt. Mein Fitnesstrainer. Er ist einer von denen, die innerhalb kürzester Zeit genau wissen, wie du tickst. „Du denkst zu viel“, hat er gesagt. Schon oft gehört, und trotzdem weiß ich bis heute nicht, wie man das Denken abschaltet. Aber vielleicht muss man das auch gar nicht. Vielleicht reicht es, Ordnung ins Chaos zu bringen.
Papier, Plan und Pause
Er zeigte mir seinen Kalender – ganz altmodisch auf Papier. Kein Smartphone, keine App. Einfach ein Buch mit Seiten. Dort steht alles drin: „Konto checken“, „XY zurückrufen“, „Termin beim Zahnarzt machen“. Jede noch so kleine Aufgabe hat ihren Platz. Für mich wirkte das zunächst übertrieben. Aber je länger ich drauf geschaut habe, desto klarer wurde mir: Das ist kein Kontrollwahn – das ist Selbstschutz.
Vielleicht ist es wirklich so einfach. Struktur gibt Halt. Aufgaben aufschreiben, nacheinander abarbeiten, sich selbst nicht überfordern. Und ja, es muss nicht gleich perfekt sein. Kleine Schritte reichen. So wie beim Zähneputzen. Auch das macht man jeden Tag – ohne darüber nachzudenken.
Also gut. Alle guten Dinge sind drei. Schwester, Therapeutin, Trainer – alle sagen dasselbe. Vielleicht wird’s Zeit, endlich darauf zu hören. Ich werde es jetzt einfach mal versuchen: Listen schreiben, Haken setzen, den Kopf entlasten. Vielleicht ist das der Anfang vom ruhigeren Ich.
→ Beitrag: „Wie Zähne putzen“ – Gedanken über Begegnungen, Gefühle und Lebensroutinen