Vergangenheitsbewältigung ist immer ein eigenes Thema für sich. Jeder Mensch hat irgendwann einmal etwas erlebt, das ihn geprägt hat – manchmal positiv, oft aber auch negativ. Diese Erlebnisse hinterlassen Spuren, ob wir wollen oder nicht. Seit einigen Jahren vertrete ich deshalb die Philosophie, das Vergangene hinter mir zu lassen. Was interessiert mich gestern? Letztendlich kann ich sowieso nichts mehr daran ändern. Aber ich kann für die Zukunft lernen und versuchen, Fehler nicht zu wiederholen.
„Versuchen“ ist dabei das entscheidende Wort, denn wir wissen alle, wie gut das in der Realität funktioniert. Es ist nicht immer leicht, die Vergangenheit einfach loszulassen. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie alte Erinnerungen oder negative Erfahrungen hochkommen. Und sofort ärgere ich mich, ganz nach dem Motto: „Warum musstest du das jetzt wieder hervorkramen?“ Es ist, als ob man ein altes Fotoalbum öffnet, von dem man dachte, es längst im Keller vergraben zu haben.
Manchmal reichen ein Lied, ein Geruch oder ein flüchtiger Gedanke, um die Vergangenheit schlagartig zurückzuholen. Und plötzlich stehe ich wieder in Momenten, die längst vorbei sind, aber immer noch Macht über meine Gefühle haben. Diese Macht zu brechen, ist schwer. Es bedeutet, bewusst zu entscheiden: „Ja, das war so. Aber heute ist ein anderer Tag.“
Mittlerweile habe ich gelernt, aufkommende negative Gedanken schneller beiseitezuschieben. Früher hätte ich sie stundenlang mit mir herumgetragen, hätte sie analysiert, zerlegt und am Ende nur noch tiefer in der Spirale gesteckt. Heute gelingt es mir öfter, den Schalter umzulegen. Dennoch wäre es mir manchmal lieber, wenn sie gar nicht erst auftauchen würden – wenn ich die Kontrolle hätte, sie komplett fernzuhalten. Aber vielleicht ist genau das ein Trugschluss.
Denn im Grunde gehört die Vergangenheit zu mir. Sie macht aus, wer ich heute bin. Würde ich alles vergessen, was schlecht war, würde ich vielleicht auch die Lektionen verlieren, die mich stärker gemacht haben. Vielleicht geht es also weniger darum, Erinnerungen auszulöschen, sondern darum, sie richtig einzuordnen. Nicht als Ketten, die mich zurückhalten, sondern als Markierungen, die zeigen, wie weit ich schon gekommen bin.
Vergangenheitsbewältigung heißt für mich inzwischen: akzeptieren, dass alte Geschichten immer wieder hochkommen dürfen – solange ich ihnen nicht erlaube, die Hauptrolle in meinem Leben zu spielen. Ich bestimme, wie viel Raum sie bekommen. Und vielleicht ist das der kleine, aber entscheidende Unterschied zwischen im Gestern gefangen bleiben und im Heute wirklich leben.